Aktuelles: Aus Gewohnheit gegen die Umwelt

01-2022

Aus Gewohnheit gegen die Umwelt

Das stimmt doch gar nicht, werden Sie sagen. In deutschen Verwaltungen stimmt es leider, muss ich Ihnen mitteilen.

Wenn ich eine Packung Würfelzucker einkaufe, leuchtet jedem ein, dass ich für den Transport keinen Tieflader brauche. Das springt so brutal ins Auge, dass es kaum für Witze taugt.

Doch genau das macht die Verwaltung, jeden Tag aufs Neue!

Vielleicht nicht bei einer Packung Würfelzucker. Dafür aber bei Millionen Straßenlaternen. Es ist für die Verwaltung einfach Gewohnheit im Mast der Straßenlaterne einen Aderquerschnitt von 1,5mm² wertvollstes Kupfer einbauen zu lassen.

Nach DIN VDE 0298-4 Tabelle 3 Spalte 10 beträgt die Strombelastbarkeit für zwei 1,5mm² Kupferadern ≈19,5 A. Das entspricht einer Leistungsaufnahme von über 4000 Watt. Eine moderne Straßenlaterne hat 100-150 Watt. Eine Kupferader von 0,5mm² wäre bereits weit überdimensioniert, kann doch mit Kupfer 0,5mm² bereits mehr als 600 Watt transportiert werden. Eine gängige 0,5mm² Ader wird aber nirgends eingesetzt. In keinem Lichtmast in Deutschland.

Warum?

1. Normenfeigheit

Eine deutsche Verwaltung beharrt auf Normen und Vorschriften. Sämtliche Vorschriften stammen aus dem alten Jahrtausend. Damals, zu Großvaters Zeiten, wurde Kupfer mit der Dampfmaschine gezogen und mit Wachspapier isoliert. Daran orientiert sich der VDE. Es wird in der Normenwelt wohl noch Jahrzehnte dauern, bis Leiterquerschnitte auf ein notwendiges Maß reduziert werden.

2. Unzuständigkeit

Eine deutsche Verwaltung beharrt darauf, nur nach Vorschrift zu arbeiten. In der Tabelle 11 steht zwar ein Wert von 3A für 0,5mm², also 690 Watt, aber Tabelle 11 gilt eigentlich nicht für feste Verlegung und in der Norm für NYM DIN VDE 0250-204 beginnt der Querschnitt bei 1,5mm². Und was nicht einmal der VDE kennt, kann die Verwaltung nicht nutzen.

3. Lagerlüge

Dagegen ist das Argument, man könne doch nicht so viele Leitungstypen vorhalten. Eine Leitung für die Zuführung und eine Leitung im Mast. Und wenn der Mast auf einer Großstadtkreuzung steht, müsse es eine dritte Leitung geben.

4. Kosteneinsparung durch weniger Artikel

Wenn es nur eine Leitungstype im Mast gibt, können durch die größere Einkaufsmenge Einsparungen erzielt werden.

Es wird vielleicht nicht morgen, aber in der Zukunft erheblich reduzierte Querschnitte geben und durch die geringeren Kupferanteile große Einsparungen für die Kommunen geben.

Kennen Sie eine Gemeinde, die sich stark für die Umwelt engagiert? Wenn es eine solche umweltengagierte Gemeinde gäbe, würde diese in der Straßenbeleuchtung stark verringerte Querschnitte nutzen.

Mein Eingangsstatement ist leider traurige Realität.